Im Schweizer Jugendparlament wurde vom 9. bis zum 12. November in Bern auch über die dringend nötige Integration von Menschen mit Behinderung debattiert. Die Frage war nicht, ob, sondern wie diese in den Arbeitsmarkt integriert werden sollen. Zwei Petitionen standen zur Abstimmung.
Der Nationalratssaal, die Wandelhalle, die Treppen und Gänge des Bundeshauses waren während vier Tagen für einmal ganz in der Hand der Jugend.
200 junge Frauen und Männer, alle zwischen 14 und 21 Jahre alt, beschäftigten sich zuerst in Arbeitsgruppen mit den traktandierten politischen Themen. Neben den Herausforderungen des Dublin-Systems, der Finanzierung der AHV und vielen weiteren Anliegen ging es auch um die Integration von Menschen mit Behinderungen in den Arbeitsmarkt.
„Ich habe viel Neues gelernt“
Die 15-jährige Samira Stuber hatte sich zuvor noch wenig mit dem Thema Behinderung auseinandergesetzt: „Ich habe viel Neues gelernt in unserer Arbeitsgruppe, und ich bin überzeugt, dass alle Menschen gleichgestellt sein sollten, denn die Integration würde die ganze Gesellschaft bereichern.“
Als Zuhörer auf der Tribüne war auch Eric Reitmair, ein junger Mann mit kognitiver Beeinträchtigung, der zurzeit einen geschützten Arbeitsplatz hat. Er interessiere sich sehr für das politische Geschehen, sagte er. Es freute ihn, dass er in der Pause im Nationalratssaal Gelegenheit hatte, mit dem Jugendparlamentarier Flurin Martin ins Gespräch zu kommen.
„Man fühlt sich irgendwie gross“
Dieser war im Tessin in einem Umfeld aufgewachsen, in dem Menschen mit Behinderungen präsent waren. Für Flurin Martin war klar: „Auch Menschen mit geistiger Behinderung haben Platz im ersten Arbeitsmarkt.“ Er gab zu bedenken, dass ein grösseres Unternehmen mehr Kapazitäten hat für Menschen mit Behinderung als ein kleiner Familienbetrieb und damit auch mehr Verantwortung übernehmen muss.
Für Eric Reitmair war es beeindruckend zu merken, dass so viele Menschen über seine Anliegen sprachen: „Man fühlt sich irgendwie gross. Wichtig.“
Einmal Nein, einmal Ja
Vor der Schlussabstimmung im Plenum gaben zahlreiche Jugendliche engagierte Voten für die Integration von Menschen mit Behinderung in die Gesellschaft und in den Arbeitsmarkt ab. Die Petition, die eine Beschäftigungspflicht in Form von prozentualen Kontingenten für Mittel- und Grossbetriebe forderte, wurde dennoch mit 95 zu 56 Stimmen abgelehnt.
„Es gibt einen besseren Ansatz als diese Petition“, sagte ein Jugendlicher vor dem versammelten Jugendparlament. „Eine Alternative zum Zwang wäre ein Anreizsystem mit Belohnungen für die Betriebe. Mehr Zuckerbrot und weniger Peitsche.“
Ganz in diesem Sinn wurde die Petition „Label für die Eingliederung von Menschen mit Behinderung in den Arbeitsmarkt“ mit 167 zu 7 Stimmen deutlich angenommen. Mit dem Label sollen inklusive Unternehmen, Vereine und Stiftungen ausgezeichnet werden. Als nächstes wird die Petition nun der Bundesversammlung vorgelegt.
Ein insieme-Anliegen
Die Integration von Menschen mit Behinderungen in den Arbeitsmarkt ist ein wichtiges Anliegen von insieme. Seit Jahren setzt sich insieme für niederschwellige Arbeitsangebote im ersten Arbeitsmarkt ein.
Die engagierten Diskussionen in der Jugendsession stimmen hoffnungsvoll, denn sie zeigen, dass die Jugendlichen die Wichtigkeit der Integration von Menschen mit Behinderungen erkannt haben und sich auch in Zukunft dafür einsetzen werden.