Liebe und Sexualität

Menschen mit kognitiver Beeinträchtigung haben dieselben Bedürfnisse nach Liebe, Partnerschaft, Sinnlichkeit und Sexualität wie alle Menschen. Die angemessene Begleitung und Unterstützung eines möglichst selbstbestimmten Liebes- und Sexuallebens kann für das Umfeld anspruchsvoll sein. Eine am jeweiligen Alter, Entwicklungsstand und den Kommunikationsmöglichkeiten angepasste, kontinuierliche Sexualaufklärung ist dabei zentral.

Ein junges Paar lächelt ins Objektiv.
Alle Menschen haben das Recht darauf, ihre Sinnlichkeit zu leben.

Sexualität, Beziehung und Liebe in ihrer Vielfalt

Alle Menschen haben das Recht, ihre Sinnlichkeit und Sexualität zu leben und Beziehungen einzugehen. Dabei brauchen Menschen mit geistiger Behinderung Sexualaufklärung und Begleitung.

 Das Leben einer selbstbestimmten Sexualität ist ein geschütztes Grund- und Menschenrecht einer jeden Person, das nicht eingeschränkt werden darf.
Liebe und Sexualität sind eine positive Kraft, die Erfüllung, Zufriedenheit und Ausgeglichenheit ins Leben bringen kann. Sie nährt Grundbedürfnisse nach Bindung, Lustgewinn und Selbstwert. Personen mit kognitiver Beeinträchtigung zeigen in Beziehungen eine erhöhte Verletzlichkeit und geraten leicht in eine Abhängigkeit. Die Möglichkeit, Begleitung und Beratung im Bereich der sexuellen Gesundheit in Anspruch nehmen zu können, ist daher sehr wichtig.

Verletzlichkeit

Die körperliche Entwicklung von Menschen mit geistiger Behinderung verläuft in der Regel altersgerecht, während sich die kognitiven, sprachlichen oder emotionalen Kompetenzen langsamer entwickeln. Personen mit kognitiver Beeinträchtigung zeigen deshalb in Beziehungen eine erhöhte Verletzlichkeit und geraten leicht in eine Abhängigkeit.

Eine passende Balance zu finden zwischen Erfahrungen machen, Risiken eingehen, Kennenlernen der eigenen Grenzen, Erfüllung finden einerseits und Unterstützung, Sicherheit, Schutz andrerseits ist eine Herausforderung.

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Ein Mann legt den Arm um die Schulter seiner Frau und lächelt sie an.
Der Zugang zu Sexualauflärung ist für alle Menschen wichtig.

Sexuelle Gesundheit

Physisches, psychisches, emotionales und soziales Wohlbefinden in Bezug auf Sexualität steht im Mittelpunkt der sexuellen Gesundheit. Wichtige Themen in diesem Kontext sind Sexualaufklärung, Verhütung, sexuelle Orientierung und sexuelle Gewalt. Dazu gibt es Angebote mit Begleitung, Beratung oder Bildung.

 

 

Fachstelle Lebensräume

 

 

Sexualaufklärung

Der Zugang zu verständlichen Informationen und zu Möglichkeiten, sich unbegleitet mit Gleichaltrigen auszutauschen und Erfahrungen zu machen, ist für Menschen mit geistiger Behinderung erschwert. Zudem ist die Fähigkeit, die Veränderungen des eigenen Körpers zu verstehen, eingeschränkt. Der Sexualaufklärung kommt deshalb eine grosse Bedeutung zu. Nebst dem familiären Rahmen soll sie fester Bestandteil sein in der Schule, sei dies in einer Regelschule oder einer Heilpädagogischen Schule, wie auch in der Institution. Auch erwachsene und ältere Personen haben ein Recht auf Sexualaufklärung. In Bezug auf Prävention von Grenzverletzungen und Missbrauch ist die Sexualaufklärung ebenfalls ein wichtiger Faktor. Es ist dabei wichtig, Materialien zu verwenden, die zu Alter, Entwicklungsstand und Kommunikationsmöglichkeiten passen.

Verhütung

In Bezug auf die Verhütung können Verunsicherung und Fragen entstehen. In der Regel lässt sich für jede Person und für jedes Paar eine passende Verhütungsmethode finden. Wichtig ist eine sorgfältige Abklärung der Bedürfnisse und der Möglichkeiten.
Das Thema Sterilisation ist in einem eigenen Gesetz geregelt.

Sterilisationsgesetz

Pubertät

Junge Menschen mit einer kognitiven Beeinträchtigung erleben dieselben körperlichen und emotionalen Umbrüche wie ihre Altersgenoss*innen ohne Behinderung. Die Fähigkeit, diese Veränderungen zu verstehen und mit den intensiven Emotionen umzugehen, ist jedoch oft vermindert. Körperliche Veränderung, Lustempfinden, Selbstbefriedigung, Verhütung, Umgang mit Nähe und Distanz und soziale Kontakten werden zentrale Themen. Ebenso die Auseinandersetzung mit der eigenen Beeinträchtigung.

 

Kontakte und Beziehungen

Kontakte zu knüpfen und eine entstandene Beziehung zu pflegen oder auch wieder zu beenden ist für viele Menschen mit geistiger Behinderung und beeinträchtigter Kommunikation anspruchsvoll.

individuellen sexuellen Entwicklung oder bei fehlender Möglichkeit zur Befriedigung sexueller Bedürfnisse können professionelle Angebote der Sexualbegleitung oder Sexualassistenz unterstützend sein.

Wenn Menschen mit kognitiver Beeinträchtigung keinen Austausch in einer partnerschaftlichen Beziehung haben, fehlt ihnen die Möglichkeit, sich selber mit den eigenen Vorlieben und Abneigungen besser kennen zu lernen. Die Suche nach einem Freund, nach einer Freundin wird bei einer sexuellen Orientierung als homosexuelle oder bisexuelle Person mit Beeinträchtigung zusätzlich erschwert.

 

Treffpunkte und Partnervermittlung:

 

Angebote Sexualbegleitung und Sexualassistenz:

Rolle des Umfelds

Die Begleitung eines Menschen mit kognitiver Beeinträchtigung in den Themen rund um Sexualität und Liebe ist für Angehörige und für professionelle Bezugspersonen oft anspruchsvoll. Einerseits ist es wichtig, zu vertrauen und Entwicklungen sowie Erfahrungen zuzulassen. Andererseits besteht das Bedürfnis, die Person mit Behinderung bestmöglich zu unterstützen und vor negativen Erlebnissen zu bewahren.

Hinweis Buch: «Was macht ihr Sonn denn da?» von Ilse Achilles, Journalistin und Mutter eines Jungen mit geistiger Behinderung