Politische Partizipation

Die Stimme von Menschen mit einer geistigen Behinderung wird in der Politik noch selten gehört. Einerseits fehlt den Politiker*innen das Bewusstsein, dass auch Menschen mit Behinderung Ideen, Vorschläge und Anliegen haben. Andererseits braucht es eine Ermächtigung, damit diese sich für ihre Anliegen stark machen können.

  • Text in Leichter Sprache lesen

    Politische Rechte

    In der Politik wählen und abstimmen bedeutet:
    Man kann mitbestimmen.
    Man setzt sich für seine Anliegen ein.

    Viele Menschen mit einer kognitiven Beeinträchtigung
    wollen wählen und abstimmen.
    Politische Fragen betreffen auch sie.

    Aber es gibt viele Hürden.
    Die Informationen sind oft kompliziert.
    Zudem fehlt vielen Personen das politische Wissen.

     

    Komplizierte Wahl-Unterlagen

    Für Wahlen und Abstimmungen gibt es Wahl-Unterlagen.
    Sie enthalten nützliche Informationen.

    Zum Beispiel:

    Wen darf man wählen und wie geht das?

    Worum geht es bei dieser Abstimmung?

    Wer abstimmt und wählen darf, bekommt die Wahl-Unterlagen
    per Post.

    Die Wahl-Unterlagen sind aber schwierig geschrieben.
    Viele Zusammenhänge sind nicht richtig erklärt.
    Die Wörter und Sätze sind kompliziert.
    Das ist für Menschen mit kognitiver Beeinträchtigung ein Problem.

    Deshalb hat insieme gemeinsam mit easyvote Wahl-Unterlagen
    in Leichter Sprache hergestellt.
    Denn im Oktober 2019 fanden Wahlen statt.
    Gewählt wurde der Nationalrat und der Ständerat.

     

    Es gibt aber noch ein weiteres Problem:
    Viele Menschen mit einer Beeinträchtigung bekommen keine Wahl-Unterlagen.

    Sie können deshalb nicht wählen und abstimmen.

     

    Wer darf eigentlich wählen und abstimmen?

    Schweizerinnen und Schweizer ab 18 Jahren dürfen wählen und abstimmen.
    Sie dürfen sich auch um ein politisches Amt bewerben.
    Man nennt dies auch politische Rechte.

    Jeder hat politische Rechte

    Im Gesetz steht: Jeder und jede hat politische Rechte.
    Aber das Gesetz sagt auch:
    Es gibt eine Ausnahme.

    Menschen mit einer umfassenden Beistandschaft haben
    keine politischen Rechte.

    Zum Beispiel Paul.
    Paul hat eine kognitive Beeinträchtigung.
    Er hat deshalb eine Beiständin für alle Aufgaben.
    Sie regelt für ihn fast alle Sachen.
    Ausser Entscheidungen im Alltag.
    Bei Abstimmungen darf Paul nicht mitentscheiden.
    Er bekommt die Wahl-Unterlagen nicht.

     

    In der Schweiz leben rund 15 Tausend Personen wie Paul.
    Sie haben für alles einen Beistand oder eine Beiständin.

    Das Gesetz sagt:
    Diese Personen bekommen ihre Wahl-Unterlagen nicht.

    Teilweise bekommen Menschen mit Behinderung auch sonst
    die Wahl-Unterlagen nicht.

     

    So auch Daniela.

    Sie hat eine kognitive Beeinträchtigung.
    Sie kann vieles selbst erledigen und entscheiden.
    Aber für einige Dinge braucht Daniela Unterstützung.
    Zum Beispiel für ihr Bank-Konto.

    Daniela hat dafür eine Beistandschaft.
    Das bedeutet: Daniela darf eigentlich abstimmen und wählen.

    Aber sie bekommt die Wahl-Unterlagen nicht.

     

    Das ist gegen das Gesetz.

    So wie Paul und Daniela geht es vielen.

    Die Schweiz missachtet die politischen Rechte von
    Menschen mit einer Beeinträchtigung.
    Die UNO-Behinderten-Rechts-Konvention kritisiert die Schweiz dafür.

     

    insieme sagt:
    Menschen mit einer Beeinträchtigung sollen abstimmen und wählen!
    insieme kämpft für die politischen Rechte
    von Menschen mit Beeinträchtigung.
    insieme kämpft dafür gemeinsam mit Personen mit Beeinträchtigung.

Menschen mit geistiger Behinderung setzen sich in der Politik ein

Viele Menschen mit einer kognitiven Beeinträchtigung wollen abstimmen, wählen und sich für ihre Anliegen einsetzen können. Dabei sind aber die Hürden hoch: Neben der politischen Bildung fehlen zugängliche Informationen. Menschen, die unter einer umfassenden Beistandschaft stehen, haben zudem keine politischen Rechte.

In Grundsätzlich erhalten in der Schweiz alle Schweizer Bürger*innen ab 18 Jahren die Abstimmungs- und Wahlunterlagen. Auch dürfen sie sich zur Wahl in ein politisches Amt stellen. Das sind die politischen Rechte, die in der Verfassung garantiert sind.

Von den politischen Rechten ausgeschlossen sind beim Bund und in den meisten Kantonen aber Menschen, die unter einer umfassenden Beistandschaft stehen.

In der Schweiz sind rund 15'000 Personen vom Ausschluss betroffen.

Ausschluss von den politischen Rechten

Von den politischen Rechten ausgeschlossen sind beim Bund und in den meisten Kantonen aber Menschen, die unter einer umfassenden Beistandschaft stehen. In der Schweiz sind rund 15’000 Personen vom Ausschluss betroffen, ein Teil davon Menschen mit einer geistigen Behinderung. Ausserdem erhalten auch Personen mit einer geistigen Behinderung, die nicht unter einer umfassenden Beistandschaft stehen, ihre Wahlunterlagen nicht immer. Damit verletzt die Schweiz die UNO-Behindertenrechtskonvention, welche die Vertragsstaaten dazu verpflichtet, alle Menschen mit einer Behinderung abstimmen und wählen zu lassen.

Seit einer Volksabstimmung im Kanton Genf im November 2020 haben bei kantonalen und kommunalen Abstimmungen und Wahlen in Genf aller volljährigen Stimmbürger*innen das Wahl- und Stimmrecht, auch Menschen mit einer Behinderung.

insieme Schweiz setzt sich zusammen mit Menschen mit einer Behinderung dafür ein, dass weitere Kantone und der Bund den rechtswidrigen Ausschluss aufheben und Menschen mit einer Behinderung in jedem Fall das Stimm- und Wahlrecht zugestehen. Die politischen Rechte sind Grundrechte, die allen Personen zustehen.

Keine Teilhabe ohne Informationen in leichter Sprache

Voraussetzung für die Bildung der eigenen Meinung sind verständliche Informationen zu diesen Themen:

  • politisches System
  • Abstimmungsvorlagen
  • Parteiprogramme

Solche zugänglichen Informationen sind nicht nur für Menschen mit Behinderung hilfreich, sondern für einen Grossteil der Bevölkerung.

Für die Eidgenössischen Wahlen von National- und Ständerat im Oktober 2023 hat insieme Schweiz im Auftrag der Bundeskanzlei und in Zusammenarbeit mit Capito Zürich eine Wahlanleitung in Leichter Sprache ausgearbeitet. Die Wahlanleitung in Leichter Sprache 2023 in Zusammenarbeit mit easyvote kann bestellt oder heruntergeladen werden.

insieme-Shop

insieme Schweiz wünscht sich, dass Menschen mit einer Behinderung auch repräsentativ in der Politik vertreten sind. Obwohl 22% der Schweizer*innen eine Behinderung haben, haben nur wenige Politiker*innen selber eine Beeinträchtigung. insieme Schweiz hat daher für die Wahlen von National- und Ständerat im Oktober 2023 die Behindertenliste von Pro Infirmis unterstützt.

Mehr zur Behindertenliste 

insieme Schweiz setzt sich dafür ein, dass weitere Informationen in Leichter Sprache entwickelt werden und Menschen mit einer geistigen Behinderung mehr über Politik lernen können. Dafür unterstützt insieme Capito Zürich bei deren Projekt «Politik in Leichter Sprache».

Mehr zum Capito-Projekt

Die Angebote der regionalen insieme-Vereine geben Menschen mit Beeinträchtigung die Möglichkeit, mehr über Politik zu lernen und sich mit Politikern auszutauschen.
«insieme Cerebral will den Zugang zu Politik vereinfachen»

Noch einen Schritt weiter geht das Projekt «Disabled in Politics». Es erforscht, wie Menschen mit Behinderung in der Schweizer Politik auf vielfältige Weise benachteiligt sind. Und es will ein Bewusstsein schaffen für die Barrieren sowie möglichen Gegenmassnahmen beim Zugang zum passiven Wahlrecht.

Mehr zum Projekt «Disabled in politics»

Wahlanleitungen in leichter Sprache und Kampagnen #ichwillwählen 2019 und #ichwähle 2023

Nicht alle Menschen mit kognitiver Beeinträchtigung interessieren sich für Politik und wollen abstimmen. Für viele ist es jedoch wichtig, sich für die eigenen Anliegen und die Anliegen von Menschen mit Behinderung einzusetzen.

Im Rahmen der nationalen Wahlen von 2019 und 2023 hat insieme Schweiz zwei Kampagnen lanciert.