OSCE-Bericht kritisiert Zugang zu politischen Rechten

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Ein Experten-Team der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSCE) untersuchte im Rahmen der Wahlen von National- und Ständerat im Oktober 2023 unter anderem, wie zugänglich die Wahlen für Menschen mit einer Behinderung sind. Der Bericht zeigt, dass weiterhin zahlreiche Hürden bestehen und die OSCE empfiehlt der Schweiz Verbesserungen.

Die Expert*innen untersuchten das aktive und das passive Wahlrecht. Welche Hürden stellen sich für Menschen mit einer Behinderung in der Schweiz? Beim aktiven Wahlrecht, also dem Recht, Politiker*innen in ein Amt zu wählen, sind Menschen mit einer umfassenden Beistandschaft vom Stimmrecht ausgeschlossen und es fehlen zugängliche Informationen. Die Expert*innen empfehlen der Schweiz, neutrale Informationen zur Verfügung zu stellen und Wahllokale für Menschen mit einer Behinderung autonom nutzbar zu machen. Die Gesetzgebung soll in Einklang mit den internationalen Standards gebracht und Diskriminierung beseitigt werden, heisst es im Bericht.

Wahlmaterial liegt auf einem Tisch bereit.

Die Expert*innen empfehlen der Schweiz, neutrale Informationen zur Verfügung zu stellen und Wahllokale für Menschen mit einer Behinderung autonom nutzbar zu machen. © Cyril Zingaro

 

Auch beim passiven Wahlrecht, also der Möglichkeit, sich selbst als Kandidat*in für ein Amt aufstellen zu lassen, besteht gemäss den Experten Handlungsbedarf. So seien insbesondere Kandidat*innen mit schwererer Beeinträchtigung im Wahlkampf benachteiligt. Der Bericht empfiehlt, dass öffentliche Gelder zur Verfügung gestellt werden und Menschen mit einer Behinderung ihre behinderungsbedingten Mehrkosten daraus decken können. Solche Mehrkosten sind beispielsweise Kosten für eine benötigte Gebärdensprach-Dolmetscher*in. Dabei handelt es sich also nicht um Wahlunterstützung, sondern darum, für Menschen mit einer Behinderung im Wahlkampf gleiche Chancen zu schaffen wie für Menschen ohne Behinderung.

Viele Herausforderungen für Menschen mit einer geistigen Behinderung  

Der Bericht deckt besonders viele Hürden für Menschen mit einer geistigen Behinderung auf. Nebst dem Wahlrechtsausschluss von Menschen mit umfassender Beistandschaft – darunter gibt es viele Menschen mit geistiger Behinderung – erfahren auch Menschen, welche in Institutionen wohnen, zusätzliche Hürden. Darunter befinden sich ebenfalls überproportional viele Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen. Laut Bericht wissen diese oft nicht, dass auch sie über politische Rechte verfügen und an Wahlen und Abstimmungen teilnehmen dürfen. Schlussendlich kritisiert der Bericht auch das System der Vertretung bei Entscheiden, wie dies das Erwachsenenschutzrecht oft vorsieht. Und es wird der Schweiz empfohlen, ein System der unterstützten Entscheidfindung zu implementieren und so die selbständige Teilhabe am politischen Leben zu fördern.

insieme Schweiz setzt sich für Informationen in Leichter Sprache und die verstärkte politische Teilhabe von Menschen mit einer geistigen Behinderung ein. Unter anderem wurde eine «Wahlhilfe in Leichter Sprache» erarbeitet. Der Bericht der OSCE bestärkt insieme im Engagement, dafür zu sorgen, dass die Stimmen von Menschen mit einer kognitiven Beeinträchtigung in der Politik gehört werden.

 

Bericht der OSCE (auf Englisch)