Die Überarbeitung des Zivilgesetzbuches zur Wahrung der Rechte von Menschen mit Behinderungen, die Vermeidung von Diskriminierung bei Triage-Entscheidungen auf Intensivstationen sowie die Berücksichtigung von Frauen mit Behinderungen bei der Umsetzung der Istanbul-Konvention waren nur einige der Themen, die in der parlamentarischen Sommersession diskutiert wurden. Ein Überblick.
Wie muss das Zivilgesetzbuch angepasst werden, damit die Bestimmungen der UNO-Behindertenrechtskonvention (BRK) besser eingehalten werden? Nationalrätin Laurence Fehlmann Rielle hat mittels eines Postulats vorgeschlagen, einen Bericht zu erstellen, um diese Frage zu beantworten. Viele Bestimmungen der nationalen Gesetzgebung sind in der Tat problematisch, beispielsweise das Schweizer System der Vertretung von urteilsunfähigen Personen. Die Schweiz plädiert weiterhin für ein System der ersetzenden Entscheidung, während die BRK den Wechsel zu einem System der unterstützenden Entscheidungsfindung empfiehlt. insieme Schweiz hat sich für dieses Postulat eingesetzt, aber leider ist der Nationalrat der Ansicht des Bundesrats gefolgt und hat das Postulat mit knapper Mehrheit abgelehnt.
Ausgewogenere Berechnung des Invaliditätsgrads
Im Gegenzug hat der Nationalrat eine Motion zur ausgewogeneren Berechnung des Invaliditätsgrads angenommen. Der Invaliditätsgrad einer Person mit gesundheitlicher Beeinträchtigung hängt davon ab, welches Einkommen sie zumutbar noch erreichen kann. Allerdings beruht die Berechnungsmethode derzeit auf realitätsfernen statistischen Werten. Aufgrund der Annahme der Motion muss der Bundesrat nun eine neue Berechnungsgrundlage schaffen, die realistische Einkommensmöglichkeiten berücksichtigt. Nach deren Annahme im Nationalrat muss sich nun auch der Ständerat mit dem Thema befassen.
Zugang zu privaten Dienstleistungen
Manuela Weichelt, Nationalrätin und Mitglied im Zentralvorstand von insieme Schweiz, hat während der Sommersession eine Motion eingereicht, um Menschen mit Behinderungen zu ermöglichen, ohne Benachteiligung private Dienstleistungsangebote (Restaurants, Kinos usw.) in Anspruch zu nehmen. Derzeit sind lediglich „besonders schwerwiegende Diskriminierungen“ verboten. So können Menschen mit Behinderungen bei einer festgestellten Diskriminierung nicht die Beseitigung der Diskriminierung verlangen, sondern lediglich eine Entschädigung von max. 5000 Franken fordern.
Intensivmedizinische Behandlungen
insieme Schweiz setzt sich auch für die Motion von Maya Graf, Ständerätin und Co-Präsidentin von Inclusion Handicap, betreffend Triage-Entscheidungen von Intensivpatient*innen ein. Im Falle einer Überlastung von Intensivstationen müssen gemäss bestimmter Kriterien Triage-Entscheidungen für den Zugang zu intensivmedizinischen Behandlungen getroffen werden. Mit der Motion soll diese Triage auf eine Rechtsgrundlage gestellt werden, wonach solche Entscheidungen nicht zu einer Diskriminierung aufgrund einer Behinderung führen. Die Motion wurde an die zuständige Kommission zur Vorprüfung zugewiesen.
Gewaltprävention
Der Ständerat hat seinerseits eine Motion angenommen, wonach Personen mit Behinderungen besser vor Gewalt geschützt werden. Ständerätin Marina Carobbio Guscetti fordert darin, dass die in der Istanbul-Konvention vorgesehenen Programme zur Prävention und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen auch Frauen mit Behinderungen berücksichtigen und ihnen zugänglich gemacht werden.