Am 1. Januar 2022 treten nach der Revision des Bundesgesetzes und der Verordnung über die Invalidenversicherung (IV) zahlreiche Änderungen in Kraft. Ein Überblick.
Eine der wichtigsten Änderungen betrifft den Übergang in ein stufenloses Rentensystem. Statt eines Stufensystems mit Viertelsrente, halber Rente, Dreiviertelsrente und ganzer Rente entspricht jeder Invaliditätsgrad einem bestimmten Prozentsatz der Rente (siehe untenstehende Grafik und Website von Pro Infirmis). Für Personen, die im aktuellen System eine Dreiviertelsrente erhalten hätten, ist das neue System ein Nachteil, dagegen ist es für Personen, die im aktuellen System eine Viertelsrente erhalten hätten, ein Vorteil.
Was ist mit den Menschen, die bereits eine IV-Rente beziehen? Ab dem 55. Altersjahr ändert sich nichts und für die Betroffenen gilt weiterhin das alte System. Alle Versicherten, die das 30. Altersjahr noch nicht erreicht haben, werden innert zehn Jahren in das neue System überführt. Die IV-Stellen sind damit beauftragt, deren Situation zu überprüfen. Personen, die keine ganze Rente beziehen und im Rahmen der IV als Menschen mit einer Geburts- oder Frühbehinderung gelten, werden im Laufe des Jahres 2022 von der IV-Stelle überprüft. Für Personen zwischen dem 30. und 55. Altersjahr ändert sich nichts, solange es keinen Grund für eine Überprüfung ihrer Situation gibt (Erhöhung bzw. Reduzierung des Invaliditätsgrads um mehr als 5 %).
Kinder
Die IV übernimmt die Kosten für bestimmte medizinische Leistungen bis zum 20. Altersjahr der Person. Die Leistung werden in der Liste der Geburtsgebrechen festgelegt, welche nunmehr aktualisiert wurde. Die Kriterien für ein Geburtsgebrechen sind jetzt zum ersten Mal gesetzlich festgelegt. Eine der Neuerungen betrifft den frühkindlichen Autismus – bisher musste für eine Anerkennung als Geburtsgebrechen die Diagnose bis zum 5. Altersjahr gestellt werden. Allerdings wird eine Autismus-Spektrum-Störung oftmals erst später erkannt, und der Zeitpunkt der Diagnose hängt mitunter von den jeweiligen Fachleuten ab, an welche die Eltern sich wenden. Diese Altersgrenze wird nunmehr abgeschafft. Trisomie 21 bleibt hingegen Teil der anerkannten Geburtsgebrechen.
Jugendliche und junge Erwachsene
Es treten mehrere Massnahmen in Kraft, mit denen der Übergang zwischen Schule und beruflicher Ausbildung sowie zwischen beruflicher Ausbildung und Arbeitswelt gefördert werden soll. Dazu gehören folgende Massnahmen:
- Stärkere Ausrichtung auf den ersten Arbeitsmarkt – soweit möglich sollen die Eingliederungsmassnahmen im ersten Arbeitsmarkt erfolgen.
- Junge Erwachsene erhalten zu Beginn der Ausbildung ein Angebot an vorbereitenden Massnahmen, vor allem im Rahmen der beruflichen Orientierung.
- Leistungen im Zusammenhang mit Beratung und Betreuung werden gestärkt.
- Für junge Erwachsene, die beruflichen Massnahmen der IV folgen, steigt die Altersgrenze, bis zu der die IV die medizinischen Eingliederungsmassnahmen übernimmt, von 20 auf 25 Jahre.
Die Taggelder während einer erstmaligen beruflichen Ausbildung werden ab jetzt am Beginn der Ausbildung gezahlt. Allerdings ist die Höhe der Beträge im Vergleich zum alten System deutlich geringer.
Assistenzbeitrag
Im Januar treten drei grosse Neuerungen im Zusammenhang mit dem Assistenzbeitrag in Kraft. Zunächst einmal werden die Nachtpauschalen angehoben. Nicht in Rechnung gestellte Nachtpauschalen können ab jetzt in Stunden umgewandelt und tagsüber eingesetzt werden. Diese Flexibilisierung erleichtert die Organisation der Assistenz vor allem dann, wenn Familienangehörige die Assistenz in der Nacht übernehmen. Schliesslich kann die Beratungspauschale, die bis anhin nur einmal in Anspruch genommen werden konnte, nach drei Jahren erneut beantragt werden.
Informationen von Inclusion Handicap
Alle Neuerungen betreffend den Assistenzbeitrag
Das stufenlose Rentensystem auf der Website von Pro Infirmis