Erwachsenenschutz

Das Erwachsenenschutzrecht stellt sicher, dass erwachsene Menschen mit einem Hilfebedarf die benötigte Unterstützung erhalten. Das kann eine Beistandschaft sein. Oft sind es die Angehörigen, die eine Beistandschaft übernehmen oder sonst die benötigte Unterstützung leisten.
Es ist wichtig, dass man sich gut über die verschiedenen Möglichkeiten informiert, bevor man sich für eine Lösung entscheidet.

Eine Frau und ein Mann schauen mit ihrer Tochter eine Broschüre an.
Der Erwachsenenschutz bietet so viel Schutz wie nötig und so wenig Einschränkung wie möglich.

So viel Schutz wie nötig, so wenig Einschränkung wie möglich

Wird eine Person mit einer geistigen Behinderung volljährig, stellt sich die Frage, welche Unterstützung sie braucht, um ihr Leben zu organisieren und den Alltag zu meistern. Das Erwachsenenschutzrecht will sicherstellen, dass der Hilfebedarf abgedeckt wird und gleichzeitig die Rechte und Freiheiten der Person so wenig wie möglich eingeschränkt werden.

Wird eine Person mit einer geistigen Behinderung volljährig, ist abzuklären, wie sie optimal unterstützt werden kann.

  • Volljährigkeit: Mit dem vollendenten 18. Lebensjahr gelten Jugendliche in der Schweiz als volljährig.
  • Urteilsfähigkeit: Kann man «vernunftgemäss» handeln, gilt man als urteilsfähig. Eine Person handelt vernunftgemäss, wenn sie intellektuell versteht, worum es geht und sie die Tragweite und Konsequenzen des eigenen Handelns begreifen kann. Eine urteilsfähige Person hat zudem die willensmässige Kraft und Fähigkeit, sich entsprechend einer gewonnenen Einsicht zu verhalten. Ob jemand urteilsfähig ist, kann nur im Einzelfall, also in Bezug auf eine konkrete Situation und einen konkreten Entscheid, bestimmt werden.
  • Handlungsfähigkeit: Wer volljährig und urteilsfähig ist, ist handlungsfähig. Eine handlungsfähige Person kann Rechtsgeschäfte abschliessen. Das heisst, sie darf zum Beispiel einen gültigen Kauf-, Miet- oder Arbeitsvertrag abschliessen.
Zwei Männer schauen auf ein Tablet.
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, eine Person zu unterstützen.

Unterstützung sicherstellen

Besteht ein Hilfebedarf oder ist die Urteilsfähigkeit einer Person aufgrund einer geistigen Behinderung eingeschränkt, gibt es verschiedene Möglichkeiten und Massnahmen, um die Person zu unterstützen.

Braucht diese Person Unterstützung bei der Zusammenarbeit mit den Behörden, im Zahlungsverkehr mit Banken, und beim Erstellen des Budgets, gibt es verschieden Optionen. Die urteilsfähige Person mit kognitiver Beeinträchtigung kann einer Vertrauensperson:

  • eine Vollmacht erteilen für die Anträge an die IV-Stelle oder das Bezahlen der Rechnungen.
  • den Auftrag geben, sie beim Erstellen eines Budgets oder beim Bezahlen von Rechnungen im Online-Banking zu unterstützen. So schliesst die Person die Verträge selber ab und die Vertrauensperson begleitet und beratet sie dabei.

Braucht eine Person mit kognitiver Beeinträchtigung die Betreuung und Begleitung durch ein Wohn- oder Pflegeheim, gibt es für den Abschluss eines Betreuungsvertrages verschiedene Möglichkeiten.

  • Ist die Person urteilsfähig, stehen ihr dieselben Möglichkeiten offen wie oben ausgeführt.
  • Ist die Person urteilsunfähig, so sieht das Gesetz verschiedene Personen vor, die sie bei medizinischen Behandlungen sowie beim Abschluss eines Betreuungsvertrags vertreten können. Es sind dies namentlich Ehegatten, Personen aus demselben Haushalt, Kinder, Eltern und Geschwister.
Vier Männer sitzen an einem runden Tisch und studieren eine Broschüre.
Wie die Unterstützung am besten sichergestellt werden kann, muss individuell abgeklärt werden.

Beistandschaft

Die Erwachsenenschutzbehörde ordnet eine Beistandschaft an, wenn die Unterstützung der hilfsbedürftigen Person durch die Familie, andere nahestehende Personen oder private oder öffentliche Dienste nicht ausreicht.
Bei einer Beistandschaft steht die einzelne Person in ihrer Lebenssituation im Zentrum. Das wird mit einer massgeschneiderten Beistandschaft erreicht.

Nach der Abklärung durch die Kinder- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) ordnet die Behörde die benötigte Beistandschaft an.

  • Begleitbeistandschaft: Das ist die leichteste Art der Beistandschaft. Die Beiständin oder der Beistand unterstützt und begleitet die Person bei den Dingen, bei denen sie Hilfe benötigt. Zum Beispiel beim Ausfüllen von Formularen. Verträge werden von der Person mit Beeinträchtigung selbst unterzeichnet.
  • Vertretungsbeistandschaft: Kann die Person mit kognitiver Beeinträchtigung gewisse Angelegenheiten nicht selber erledigen, vertritt sie in diesen der Beistand oder die Beiständin. Das heisst, statt der Person unterzeichnet die Beiständin den Arbeitsvertrag für die Person mit Behinderung.
  • Mitwirkungsbeistandschaft: Trifft eine Person mit kognitiver Beeinträchtigung Entscheidungen, die nicht gut für sie sind, kann für diese Rechtsgeschäfte eine Mitwirkungsbeistandschaft errichtet werden. Schliesst die Person also oft teure Mobiltelefonverträge ab und kann sich das nicht leisten, werden diese Verträge nur mit Zustimmung der Beiständin gültig.

Diese drei Formen von Beistandschaft können von der KESB auch miteinander kombiniert werden.

Umfassende Beistandschaft

Braucht eine Person besonders viel Hilfe und kann nichts selber entscheiden, erhält sie eine umfassende Beistandschaft. Der Beistand oder die Beiständin entscheidet alles, und die unterstützte Person darf nichts mehr selber entscheiden. Deshalb soll sie nur selten verordnet werden.

Das Ziel ist, eine individuelle Lösung zu finden, bei der die Unterstützung und der Schutz der Person mit geistiger Behinderung sichergestellt ist und ihr zugleich so viel Mit- und Selbstbestimmung wie möglich bleibt. Wie die Unterstützung am besten sichergestellt werden kann und ob eine Beistandschaft besser geeignet ist, kann nur im Einzelfall bestimmt werden. Die verschiedenen Optionen sollten sorgfältig geprüft werden.

 

Eltern und weitere Familienangehörige als Beistände

Eltern und Angehörige können von der KESB als Beistände eingesetzt werden. Das ist in mancher Hinsicht sinnvoll, denn sie kennen die Wünsche und Lebensvorstellungen ihrer Angehörigen mit einer Beeinträchtigung am besten und setzen sich auch sonst für deren Anliegen ein. Das Gesetz sieht für diesen Fall Erleichterungen vor, zum Beispiel keine Pflicht zur Erstellung eines jährlichen Berichts.

Die Konferenz für Kinder- und Erwachsenenschutz (KOKES) hat zusammen mit insieme und weiteren Organisationen eine Empfehlung für die Umsetzung ausgearbeitet.