Sie werden Eltern. Eine emotional intensive Zeit, verbunden mit neuen Themen und Fragen, steht bevor. Ein Thema, das meist nicht von selbst rechtzeitig ins Blickfeld rückt, sind vorgeburtliche Tests.
97% aller Kinder kommen ohne Erkrankung oder Behinderung zur Welt. Dennoch werden vorgeburtliche Tests wie Ultraschall (z.B. Nackenfaltenmessung) und Bluttests zur Feststellung gewisser Erkrankungen und Behinderungen des ungeborenen Kindes oftmals routinemässig durchgeführt. Solche Tests können Sie als werdende Eltern vor schwerwiegende Entscheide stellen. Wir empfehlen Ihnen deshalb, sich möglichst frühzeitig informieren und beraten zu lassen, um in der Frage «testen oder nicht testen» selbstbestimmt entscheiden zu können. Als Einstieg in diese Auseinandersetzung laden wir Sie ein, sich durch den Entscheidungsparcours zu klicken.
Wollen Sie testen?
Nicht-invasive Tests
Sie lassen erste, nicht-invasive Tests zur Abklärung der Wahrscheinlichkeit für eine Erkrankung oder Behinderung beim ungeborenen Kind durchführen.
Wollen Sie weitere Tests?
Wollen Sie, um eine definitive Diagnose zu erhalten, weitere invasive Tests durchführen? Solche Tests können mit einem Risiko von unter 0.5% zu einer Fehlgeburt führen, wenn sie von geübten Händen ausgeführt werden.
Was nun?
Was bedeutet diese Diagnose für Sie, für Ihre Familie? Wie soll es weitergehen? Für viele Paare ist es schwierig sich vorzustellen, wie ein Leben mit einem Kind mit einer Behinderung aussehen könnte. Elternorganisationen können Sie dazu informieren und Ihnen Kontakte zu anderen betroffenen Eltern vermitteln.
Die vorgeburtliche Diagnostik kann Ihnen kein gesundes Kind garantieren. Vorgeburtliche Tests können zum einen nur einen Teil der möglichen Erkrankungen und Behinderungen erkennen, zum anderen gibt es auch falsche Testergebnisse. Hinzu kommt, dass Erkrankungen und Behinderungen auch durch Komplikationen bei der Geburt auftreten können.
Entscheid für das Kind mit einer Behinderung
Nutzen Sie die Möglichkeit, sich von Ihrem Arzt, Ihrer Ärztin rund um allfällige medizinische Massnahmen informieren zu lassen sowie Beratung und Unterstützung bei Elternberatungsstellen abzuholen. Hilfreich kann auch das direkte Gespräch mit anderen betroffenen Eltern sein.
Entscheid für den Schwangerschaftsabbruch
Auf den oftmals schwierigen Entscheid für den Abbruch der Schwangerschaft folgt in vielen Fällen eine weitere, belastende Zeit. Professionelle Hilfe kann in der Zeit vor, während und nach einem Schwangerschaftsabbruch sehr hilfreich sein. Es existieren verschiedene Angebote, bei denen betroffene Paare Unterstützung holen können.
Fragekarten zur Unterstützung für das Gespräch bei Ihrem Arzt
Es ist von Vorteil, wenn Sie sich bereits vor dem Besuch bei Ihrem Arzt, Ihrer Ärztin über die verschiedenen vorgeburtlichen Tests und Ihre damit verbundenen Rechte informieren – denn nicht immer klären Ärztinnen und Ärzte umfassend auf. Während des Arztgesprächs ist es ratsam, sich Zeit zu nehmen und so lange nachzufragen, bis die für Ihre Entscheidungsfindung notwendigen Aspekte geklärt sind. Die Fragekarten zum Herunterladen können Sie vor und nach einer (allfälligen) Durchführung vorgeburtlicher Tests als Gedankenstütze fürs Gespräch mit Ihrem Arzt, Ihrer Ärztin nutzen.
Vorgeburtliche Tests – Sie entscheiden!
Zu vorgeburtlichen Tests zählen neben den regelmässigen Blutdruck-, Urin- und Gewichtskontrollen auch der Ultraschall und verschiedene Bluttests. All diese Untersuchungen können helfen, Hinweise für Schwangerschaftskomplikationen zu ermitteln, Aussagen über allfällige Chromosomenstörungen und Fehlbildungen des Kindes zu machen. Viele dieser «Routineuntersuchungen» sind derart zum Standard geworden, dass sie oftmals nicht mehr zur Diskussion gestellt werden. Eine gute Begleitung von werdenden Eltern basiert auf Empathie, nicht direktiver Information, Beratung und Zeit – heute ein kostbares Gut.
Seit vielen Jahrzehnten ist das Screening nach Chromosomenstörungen, wie der Trisomie 21, ein bedeutender Teil der vorgeburtlichen Diagnostik. Jedoch hat sich das Screeningkonzept in den letzten Jahren deutlich gewandelt. Dabei sind vor allem die nicht-invasiven Testverfahren viel effektiver geworden, aber auch komplexer, damit schwieriger zu erklären – und zu verstehen. Uns, der Elternvereinigung insieme, ist es ein grosses Anliegen, dass sich werdende Eltern gut informiert, frei und ohne Druck für oder gegen vorgeburtliche Tests, für oder gegen ein Kind mit Beeinträchtigung entscheiden können. Ihr Recht, sich informiert zu entscheiden, möchten wir Ihnen nachfolgend nahe bringen. Wir möchten Ihnen Kontakte und Links zu weiterführenden Informations- und Beratungsstellen bieten und Ihnen die Bedeutung einer frühzeitigen, persönlichen Auseinandersetzung mit vorgeburtlichen Tests aufzeigen.
Vorgeburtliche Tests für das ungeborene Kind
Mit vorgeburtlichen Tests, die zur Untersuchung des ungeborenen Kindes durchgeführt werden – auch pränatale Diagnostik genannt – sind medizinische Tests gemeint, die Hinweise oder Auskunft über die Chromosomen und eine mögliche Fehlbildung des ungeborenen Kindes geben können. Grundsätzlich wird zwischen nicht-invasiven und invasiven Tests unterschieden.
Nicht-invasive Tests
Zu den nicht-invasiven Tests werden Ultraschall und die verschiedenen Bluttests, wie der Ersttrimestertest (=ETT) oder fetale DNA-Tests (=NIPT) gezählt. Mit dem Ultraschall kann verschiedenes beobachtet werden: z.B. ob ein oder mehrere Kinder, Fehlbildungen, das Wachstum oder die Fruchtwassermenge. Mit dem ETT kann man eine Risikoeinschätzung für eine Trisomie 21 erhalten, was nicht gleich bedeutet, dass diese beim ungeborenen Kind vorliegt. Geklärt werden kann dies durch einen invasiven Test. Bei einem NIPT wird fetale DNA aus dem Blut der Mutter analysiert. Auch diese Tests bieten keine 100%ige Sicherheit für ein chromosomal gesundes Kind. Es gibt mittlerweile verschiedene NIPT-Tests – Tests auf Trisomien, bestimmte Syndrome oder andere Chrosomonenauffälligkeiten. Ein auffallender NIPT bedeutet ebenfalls nicht gleich, dass das ungeborene Kind betroffen ist. Dies kann durch einen invasiven Test weiter abgeklärt werden.
Invasive Tests
Nur mit invasiven Tests können die Chromosomen des Ungeborenen definitiv untersucht werden. Bei den invasiven Tests entnimmt man unter Ultraschallsicht mit einer Nadel Gewebezellen aus der Plazenta (Chorionzottenbiopsie) oder aus dem Fruchtwasser (Fruchtwasseruntersuchung), selten direkt aus der Nabelschnur (Nabelschnurpunktion). Diese Untersuchungen können im Gegensatz zu den nicht-invasiven Tests Fehlgeburten zur Folge haben. Dieses Risiko liegt heutzutage in geübten Händen unter 0.5%.
Vorgeburtliche Tests sind freiwillig
Vorgeburtliche Tests sind freiwillig. Sie als zukünftige Eltern haben das Recht zu entscheiden, ob Sie Tests durchführen lassen wollen, ob Sie Tests nur teilweise nutzen wollen oder ob Sie ganz auf Tests verzichten möchten. Sie dürfen Ihre Entscheide im Verlauf der Schwangerschaft jederzeit ändern und auch auf die Bekanntgabe von Testresultaten ganz oder teilweise verzichten.
Lassen Sie sich informieren und beraten
Vor einer allfälligen Durchführung vorgeburtlicher Tests wird Sie Ihr Arzt, Ihre Ärztin über die Vor- und Nachteile, aber auch über die Kosten und mögliche weitere Konsequenzen informieren. Falls nötig, fragen Sie nach und nutzen Sie zur Unterstützung für das Gespräch bei Ihrem Arzt, Ihrer Ärztin die Fragensammlung zum Herunterladen. Ergänzen Sie diese, falls gewünscht, mit eigenen Fragen. Für umfassende Informationen und – falls gewünscht psychosoziale – Unterstützung können Sie sich jederzeit auch an Informations- und Beratungsstellen wenden. Haben Sie bereits getestet und einen auffälligen Befund mitgeteilt bekommen, können Sie sich zusätzlich auch an Elternorganisationen wenden – denn viele werdende Eltern können sich nicht vorstellen, was ein bestimmter Befund, eine bestimmte Diagnose fürs Leben des betroffenen Kindes und der Familie bedeuten könnte.
Nehmen Sie sich Zeit
Setzen Sie sich mit vorgeburtlichen Tests auseinander, bevor sie solche durchführen lassen, denn vorgeburtliche Tests haben Konsequenzen – je nach dem schwerwiegende. Im oben aufgeführten Entscheidungsparcours zum Durchklicken können Sie die möglichen Fragen, die sich Ihnen stellen sowie die möglichen Situationen, in die Sie geraten können, nachvollziehen.
Umfassende Informationen rund um vorgeburtliche Tests finden Sie auf unserer Webseite insieme.ch sowie bei den unten aufgeführten Informations- und Beratungsstellen.
Information und Beratung rund um vorgeburtliche Tests:
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Sexuelle Gesundheit Schweiz (Verzeichnis von regionalen Informations und Beratungsstellen): www.sante-sexuelle.ch
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Verein Ganzheitliche Beratung und kritische Information zu pränataler Diagnostik: www.praenatal-diagnostik.ch
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appella: www.appella.ch
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Mütterhilfe: www.muetterhilfe.ch
Information und Beratung rund um den Schwangerschaftsabbruch:
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Fachstelle Kindsverlust während Schwangerschaft, Geburt und erster Lebenszeit: www.kindsverlust.ch
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Arbeitskreis Abruptio und Kontrazeption – Schweiz: www.schwangerschaftsabbruch.org
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Sexuelle Gesundheit Schweiz: www.sante-sexuelle.ch/beratungsstellen
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Muschel.net – Für Eltern von Sternenkindern nach Fehlgeburt, Todgeburt Frühgeburt und medizinisch indiziertem Abbruch: www.muschel.net
Information und Beratung für Eltern behinderter Kinder:
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insieme Eltern-Vereine für Menschen mit einer geistigen Behinderung und Angehörige: insieme.ch > insieme > Regionale Vereine
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insieme21 – Eltern-Verein für Menschen mit Trisomie 21 und Angehörige: www.insieme21.ch
- Konferenz der Vereinigungen von Eltern behinderter und langzeitkranker Kinder – KVEB (Kontakte zu verschiedenen Elternvereinigungen): www.behindertekinder.ch
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Verein Fraxas für Menschen mit Fragilem-x-Syndrom: www.fraxas.ch
Information und Beratung bei einer Fehlgeburt:
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Fachstelle Kindsverlust während Schwangerschaft, Geburt und erster Lebenszeit: www.kindsverlust.ch
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Sexuelle Gesundheit Schweiz: www.sante-sexuelle.ch/beratungsstellen
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Muschel.net – Für Eltern von Sternenkindern nach Fehlgeburt, Todgeburt Frühgeburt und medizinisch indiziertem Abbruch: www.muschel.net