Nur mit uns (6)

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Internationaler Tag der Menschen mit Behinderung: Was heisst Selbstbestimmung?

Das Wort hat Katrin:

Katrin_Wohnung

„Mein neues Wohnen in Bern“

Fortsetzung von „Vom Jura nach Bern“

„Jetzt wohne ich seit fünf Monaten im Begleiteten Wohnen, dass heisst: einkaufen, kochen, putzen, Kleider waschen, Wochenplanung, ein Arbeitsplatz ausser Haus. Und viele andere Dinge.
Ich habe jetzt viel Freiheit und nur noch eine halbe Stunde Begleitung pro Tag, dadurch auch grosse Verantwortung, an der ich in Zukunft arbeiten werde.

Als ich hier eingezogen bin, war alles neu und ungewohnt und ich hatte sehr starkes Heimweh, manchmal heute noch. Im Haus am Bach war immer jemand von den Betreuern da, die sich liebevoll um mich gekümmert haben. Es war mein Zuhause. Es war mein warmes Nest, in dem ich mich geborgen fühlte. Jetzt habe ich Flügel bekommen und baue mein eigenes Nest. Manchmal falle ich hin und es gibt Tränen. Dann breite ich meine Flügel aus und starte zu neuen Ufern. Es wird noch eine Weile dauern, denke ich. Ich darf nicht zu streng zu mir selbst sein. Ich muss Geduld mit mir haben.

Ich habe eine sehr schöne grosse Wohnung mit Deborah, meiner Mitbewohnerin zusammen. Wir verstehen uns sehr gut. Deborah und ich haben einmal pro Woche WG-Abend. An den Wochenenden ist Deborah immer bei den Eltern. Und Roman, mein Freund ist bei mir, oder ich bei ihm zu Hause. Ich habe ein sehr schönes grosses Zimmer mit einem Balkon. Im Sommer sass ich viel auf dem Balkon.

Ich fühle mich immer wie wohler zu Hause und im Quartier. Ich brauche noch Zeit, mich an mein neues Umfeld zu gewöhnen. Manchmal fühle ich mich recht einsam. Wenn ich von der Arbeit nach Hause komme, muss ich mich zusammen reissen, meinen Verpflichtungen nachzugehen, meinem Wochenplan…

Es gibt jetzt viele Dinge, die ich vorher nicht alleine habe bewältigen können, an denen bin ich am Arbeiten. Meine Begleiterinnen unterstützen mich dabei. Sie geben mir Halt, dort, wo ich es brauche. Ich komme gut mit ihnen aus. Mein momentanes Ziel ist gesunde Ernährung: einkaufen, kochen und essen, dies fällt mir sehr schwer. Ich war mit Marianne einkaufen, die Begleitung von der Hausgemeinschaft, sie hat mir beim Kochen geholfen. Es gab Salat und Risotto mit Pilzen.

Miriam, meine Schwester, hat in diesem Jahr am 2. April ihr Baby bekommen. Es heisst Louis. Louis hat mich bei meinem grossen Schritt im letzten halben Jahr mit grosser Freude begleitet.“

Aus Anlass des diesjährigen Internationalen Tages der Menschen mit Behinderung am 3. Dezember haben Menschen mit geistiger Behinderung und Angehörige ihren Visionen vom selbstbestimmten Leben Ausdruck gegeben – in Wort und Bild auf insiemePLUS, auf www.insieme.ch, Facebook und Twitter. Schauen Sie rein! Oder noch besser: Machen Sie mit!

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