Im Verdachtsfall Nulltoleranz

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Der Sozialtherapeut H.S. wird nicht verwahrt. Er wurde am Freitag vom Regionalgericht Bern Mittelland zu einer Freiheitsstrafe von 13 Jahren und einer stationären Massnahme verurteilt.

Die Angehörigen der Opfer sind enttäuscht. Die Arbeitsgruppe Prävention will die Präventions- und Sensibilisierungsarbeit konsequent fortsetzen und fordert eine nationale Anlaufstelle für sexuelle Übergriffe.

Sensibilisieren, hinschauen, Nulltoleranz

Ueli Affolter, Geschäftsführer des Heimverbandes Socialbern und Sprecher der nationalen verbandsübergreifenden Arbeitsgruppe Prävention zeigte sich gegenüber den Medien erstaunt, dass gegen H.S. keine Verwahrung ausgesprochen wurde. Das Ausmass seiner Taten übersteige die Vorstellungskraft. „Wir haben unsere Lehren gezogen“, betonte Affolter. Das Urteil habe im Einzelfall keinen Einfluss auf die Präventionsarbeit der Betroffenenorganisationen und der Institutionen.

Einen Fall H.S. darf es nie mehr geben. Dies unterstreicht die verbandsübergreifende Arbeitsgruppe Prävention in ihrer Pressemitteilung vom 19. März. Die zwölf Organisationen aus dem Behinderten, Betreuungs- und Pflegebereich, die sich 2011 zusammengeschlossen haben, verpflichteten sich mit der „Charta zur Prävention von sexueller Ausbeutung, Missbrauch und anderen Grenzverletzungen“ zu klaren Grundsätzen. Nun müssten die Sensibilisierungsarbeit entschieden fortgesetzt und die Grundsätze konsequent umgesetzt werden, bekräftigt sie. Hinschauen und im Verdachtsfall Nulltoleranz heisst ihre Devise.

Nationale Anlaufstelle

Doch für die Arbeitsgruppe Prävention ist Sensibilisierungs- und Präventionsarbeit nicht alleinige Aufgabe des Behinderten-, Betreuungs- und Pflegebereichs. Die gesamte Gesellschaft und auch die Politik stehen in der Verantwortung. Die Arbeitsgruppe fordert die Bundesbehörden auf, ergänzend zu institutionsinternen und kantonalen Anlaufstellen eine unabhängige nationale Anlaufstelle für sexuelle Übergriffe zu schaffen.

Opfer leiden ihr Leben lang

Den Opfern von H.S. und ihren Angehörigen dürfte das Urteil gegen den Sozialtherapeuten kaum Genugtuung verschaffen. An den Folgen des Missbrauchs werden sie ihr Leben lang leiden. Die meisten unter ihnen werden nicht einmal juristisch einen Schlussstrich unter den an ihnen verübten Missbrauch ziehen können. Denn von 114 Fällen wurden wegen Verjährung nur gerade 33 vor dem Regionalgericht Bern-Mittelland behandelt.

Medienmitteilung der AG Prävention  (pdf)
Charta Prävention (pdf)