Die Abgeordneten des deutschen Bundestages stehen im Frühjahr vor einer Gewissensentscheidung: Sollen Gentests an Embryonen im Reagenzglas erlaubt sein? Zur Diskussion steht die (begrenzte) Zulassung der Präimplantationsdiagnostik (PID) – etwa, wenn ein oder beide Elternteile die Veranlagung für eine schwerwiegende Erbkrankheit haben und dadurch Fehl- oder Totgeburten drohen bzw. die Geburt eines schwer behinderten Kindes.
Im Vorfeld dieser parlamentarischen Beratungen hat die Bundesvereinigung Lebenshilfe ihre ablehnende Haltung zu diesem umstrittenen Verfahren in einem ausführlichen Positionspapier dargelegt. Für die Lebenshilfe ist die Präimplantationsdiagnostik mir ihrer Unterscheidung zwischen lebenswertem und lebensunwertem Leben nicht hinnehmbar. Zu befürchten sei eine Stigmatisierung von Menschen mit Behinderungen und ein Verlust an gesellschaftlicher Solidarität mit behinderten Menschen. Deswegen setzt sich die Lebenshilfe für ein Verbot der Präimplantationsdiagnostik ein.
In der Schweiz steht in den nächsten Monaten eine nächste Runde in der Vernehmlassung zur Änderung des Verfassungsartikels über Fortpflanzungsmedizin und Gentechnologie und zum überarbeiteten Entwurf des Fortpflanzungsmedizingesetzes an. Im jüngsten bundesrätlichen Vorschlag wird die sogenannte Dreierregel fallen gelassen: Demnach sollen mehr als drei Embryonen entwickelt und überzählige Embryonen aufgewahrt werden dürfen, weil so die Chance auf die Geburt eines Kindes ohne vererbbare schwere Krankheit der Eltern steigt. insieme verfolgt die sich abzeichnende Liberalisierungen mit Skepsis, denn die Präimplantationsdiagnostik könnte die Hemmschwelle für die Selektion von behindertem Leben noch weiter senken, und damit das Verständnis für Menschen mit einer Behinderung und für Eltern, die sich trotz allen technischen Möglichkeiten für ein behindertes Kind entscheiden.
Positionspapier Lebenshilfe
Buchtipp: „Auswählen oder annehmen? Pränatal- und Präimplantationsdiagnostik – Testverfahren an werdendem Leben“, Christian Kind, Suzanne Braga, Annina Studer (Hg.), Chronos Verlag, 2010, 200 Seiten. Bestellbar im Shop.