Ab dem 15. Juli bezahlen die Krankenkassen nicht-invasive Bluttests. insieme beurteilt diese Kostenübernahme kritisch, denn der Druck auf schwangere Frauen dürfte zunehmen. insieme fordert eine umfassende, nicht direktive Beratung, die es den betroffenen Frauen erlaubt, einen freien Entscheid für oder gegen diese Tests und deren Konsequenzen zu fällen.
Mit neuen, sogenannt nicht-invasiven Bluttests lassen sich heute die Trisomien 21, 18 oder 13 bereits ab der 10 Schwangerschaftswoche nach einer einfachen Blutentnahme im mütterlichen Blut nachweisen. Gestern hat der Bundesrat beschlossen, dass die Kosten für diese Trisomie-Bluttests ab dem 15. Juli von der Krankenkasse bezahlt werden. Wie das Bundesamt für Gesundheit mitteilt, muss als Bedingung zuvor ein Ersttrimester-Test – eine Nackenfaltenmessung mittels Ultraschall mit Blutanalyse – durchgeführt werden, der ein Risiko von 1:1‘000 für die Trisomien 21, 18 oder 13 nachweist.
insieme befürchtet wachsenden Druck auf Frauen
insieme beurteilt die Kostenübernahme für diese nicht-invasiven Bluttests durch die Krankenkassen kritisch. Es wird damit ein starker Anreiz geschaffen, dass solche genetischen Untersuchungen zum Normallfall werden. Die Anwendung der Tests selbst ist einfach und ohne Risiken für Schwangere und den Embryo. Wenn der Test von Ärzten und Ärztinnen als bezahlte Tests angeboten und empfohlen werden, wird es für die betroffenen Frauen immer schwieriger, sich dagegen zu entscheiden. insieme sieht eine grosse Gefahr, dass viele Frauen den Test zu wenig informiert durchführen lassen. Damit nimmt auch die Gefahr zu, dass Frauen, die sich anders entscheiden, für ihr behindertes Kind verantwortlich gemacht werden und beispielsweise Versicherungsleistungen in Frage gestellt werden könnten.
Umfassende Beratung notwendig
Die Entscheidungssituation ist komplex, weil der Bluttest je nach Befund weitere invasive Tests nach sich zieht. Als umso wichtiger erachtet es insieme, dass Frauen und werdende Eltern mit den neuen Bluttests nicht überrumpelt werden. Sie müssen wissen, was ihr Einverständnis in ein solches Testverfahren bedeutet. Wird nämlich eine Trisomie 21 festgestellt, müssen sie sich für oder gegen eine Abtreibung entscheiden. Um diese schwierige Entscheidung fällen zu können, brauchen sie Zeit, Informationen und vor allem eine umfassende, neutrale Beratung bereits vor den Tests. Verschiedene Studien zeigen, dass Frauen auf Tests verzichtet hätten, wenn sie ausreichend beraten worden wären (siehe Link).
Leben mit Trisomie heisst nicht gleich Leiden
Frei entscheiden können schliesst das Recht auf Nichtwissen mit ein. Und auch das Wissen, wie sich eine Trisomie 21 auswirkt und wie sich das Leben mit einem Kind mit Trisomie gestalten könnte. Zu glauben, dass Kinder mit Trisomie 21 einfach unter ihren Einschränkungen leiden, ist falsch. Sie leiden in erster Linie unter den Hindernissen im Alltag und unter den Vorurteilen ihrer Mitmenschen, die ihnen ein glückliches Leben absprechen. Darum ist ihre bessere Integration die zentrale Aufgabe der Gesellschaft, nicht ihre Verhinderung.
Pressemitteilung BAG
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