Petition «Berufsbildung für alle»

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Am Donnerstag, den 9. Juni, hat sich eine Gruppe von Parlamentsmitgliedern mit Vetreter/-innen der Behindertenorganisationen insieme Schweiz, Vereinigung Cerebral Schweiz und Procap Schweiz getroffen. Dabei wurden die umstrittenen Abbaupläne des Bundesrates und des Bundesamtes für Sozialversicherung (BSV) im Zusammenhang mit der Berufsbildung von Jugendlichen mit Handicap erläutert. Bereits haben 25’000 Menschen die vor einem Monat lancierte Petition «Berufsbildung für alle – auch für Jugendliche mit einer Behinderung» unterschrieben. Und auch ein breit abgestütztes Patronatskomitee mit aktiven und ehemaligen Bildungspolitiker/-innen aus verschiedenen Lagern unterstützt das Anliegen der Petitionäre.

Um zu sparen, möchten der Bundesrat und das BSV die Hürden für die berufliche Grundausbildung der behinderten Jugendlichen hinaufsetzen. Ihre Lehre soll nur noch finanziert werden, wenn sie voraussichtlich später einen bestimmten «rentenbeeinflussenden» Lohn erwirtschaften. Zwei Drittel der heutigen Lehrlinge könnten diese Bedingungen aber nicht erfüllen und würden in einer beruflichen Sackgasse landen. Für die Betroffenen und ihre Familien ist es inakzeptabel, dass Jugendlichen mit Behinderung aus reinen Rentabilitätsüberlegungen die Berufsbildung verwehrt wird. Aus diesem Grund haben Anfang Mai die Behindertenorganisationen insieme Schweiz, Vereinigung Cerebral Schweiz und Procap Schweiz gemeinsam eine Petition lanciert, um den Bundesrat aufzufordern, den Zugang zu einer beruflichen Grundausbildung für alle zu garantieren. Die Petition wurde bis heute von über 25’000 Menschen aus der ganzen Schweiz unterzeichnet.

BSV verschärft Praxis und Überprüfung
Allerdings zeigten sich bisher weder der Bundesrat noch das BSV beeindruckt von den Forderungen der Petitionäre. Vielmehr hat das BSV in einem ersten Schritt in seinem IV-Rundschreiben vom 30. Mai 2011 eine Praxisverschärfung für die «Vergütung von invaliditätsbedingten Mehrkosten der erstmaligen beruflichen Ausbildung» verfügt: «Im Sinne eines wirkungsorientierten Einsatzes der finanziellen Mittel soll deshalb in jedem Einzelfall eine periodische Wirkungskontrolle vorgenommen werden», heisst es dort. Und: «Konkret bedeutet dies, dass IV-Anlehren inkl. praktische Ausbildungen nach INSOS von nun an einheitlich für ein Jahr zugesprochen werden sollen. Ergibt die gemeinsam mit dem Ausbildungsbetrieb und der jugendlichen Person in Ausbildung durchgeführte Standortbestimmung gegen Ende des ersten Ausbildungsjahres, dass gute Aussichten bestehen auf eine künftige Erwerbsfähigkeit in rentenbeeinflussendem Ausmass, soll die Ausbildung um ein zweites Jahr verlängert werden.» Der Bundesrat bereitet zudem eine Verordnung vor, welche den Zugang noch weiter erschweren wird.

Die Absicht ist klar: Jugendliche mit Behinderung sollen in Zukunft keine Chance mehr haben, sich im Rahmen einer Berufsbildung grundlegende Arbeits- und Sozialkompetenzen zu erwerben. Sie werden darauf getrimmt, später einen Mindeststundenlohn zu erzielen, der es erlaubt, ihnen die Renten zu kürzen. Wer diese Anforderungen nicht erfüllt, kommt gar nicht mehr ins Spiel oder wird bereits in der Halbzeit der Lehre vom Platz gestellt!

Patronatskomitee pocht auf eine Berufsbildung für alle
Dieses Vorgehen stört nicht nur die Behindertenorganisationen. Ein rund 20-köpfiges Patronatskomitee mit aktiven und ehemaligen Bildungspolitiker/-innen aus verschiedenen politischen Lagern stellt sich klar gegen den Abbau bei der Berufsbildung für Jugendliche mit einer Behinderung. An einem Treffen mit den Verteter/-innen von insieme, Vereinigung Cerebral und Procap am Donnerstagvormittag im Bundeshaus in Bern wurden die Pläne von Bundesrat und BSV erörtert. Die Parlamentarier/-innen betonten, dass der Zugang zur Berufsbildung für alle Jugendlichen – mit oder ohne Behinderung – garantiert werden müsse. Es brauche zudem ein grundsätzliches politisches Bekenntnis dazu, dass Menschen mit Behinderung gleichberechtigt in die Gesellschaft integriert werden und auch die Chancen für individuelle Entfaltung erhalten sollen. Dabei sei die Möglichkeit, einen Beruf zu erlernen, ein wesentliches Element. Die Komitee-Mitglieder werden während der laufenden Session ihre Ratskolleg/-innen auf das Anliegen aufmerksam machen und sie zur Unterstützung der Petition auffordern.

Petitionsbogen und weitere Informationen unter:
www.berufsbildung-für-alle.ch