Familienbeziehungen

Familiäre Beziehungen und das grosse individuelle Wissen von Eltern und nahen Bezugspersonen sind eine zentrale Ressource für die Entwicklung von Menschen mit meist lebenslangem Unterstützungsbedarf. Die Behinderung verlangt bisweilen hohe Flexibilität und Anpassungsleistungen von Eltern und Geschwistern.

Ein Mann und eine Frau begleiten einen älteren Mann und sprechen mit ihm.
Angehörige spielen eine wichtige Rolle für Menschen mit lebenslangem Unterstützungsbedarf.

Die Familie als Ressource

In einer Familie mit einem Kind mit kognitiver Beeinträchtigung spielen alle Angehörigen unterschiedliche Rollen. Im Verlauf der Jahre können sich Aufgaben und Verantwortlichkeiten entwickeln und verändern. Unterstützend und bereichernd kann der Austausch mit anderen Familien sein.

Durch die Erfahrungen im Alltag entwickeln Eltern grosses individuelles Wissen in Bezug auf ihr Kind und seine Eigenheiten sowie auf die Art und Form der Beeinträchtigung. Dieses elterliche Wissen und die emotionale Bindung bilden in vielen Situationen eine wichtige Ressource.

Das Mutter- oder Vatersein von einem Kind mit Behinderung beinhaltet besondere Herausforderungen, die auch die eigene Partnerschaft beeinflussen können. Diese gemeinsam anzugehen und zu meistern, kann die Beziehung stärken. Die Partnerschaft kann aber auch darunter leiden oder gar daran zerbrechen. Eine aufmerksame Pflege der Paarbeziehung ist deshalb wichtig.

Broschüre «Unser Kind ist nicht wie andere»

Eine Frau sitzt am Bettrand eines schlafenden Mannes und beugt sich über ihn.
Die Frage, wer die Begleitung im Alter übernimmt, kann grosse Sorgen auslösen.

Wenn die Kinder älter werden

Jugendliche und junge Erwachsene mit geistiger Behinderung fordern ein eigenständiges Leben nicht immer oder auch gar nicht selber ein. Um diesen Prozess anzustossen, muss deshalb das Umfeld einspringen. Für viele Eltern entspricht dies einem anspruchsvollen Schritt, der Überwindung kostet, Zuversicht braucht und Schuldgefühle auslösen kann. Durch den Unterstützungsbedarf ist zwischen Eltern und Kind häufig eine besonders enge Beziehung entstanden. Das Wissen um die auch im Erwachsenenleben weiterhin notwendige Unterstützung sowie die Vorstellung, dass diese zukünftig von anderen Personen übernommen werden soll, kann äusserst belastend sein. Grosse Sorgen kann auch die Frage auslösen, wer nach dem eigenen Ableben für die notwendige Begleitung sorgen wird.

Erste positive Erfahrungen in einer eigenen Wohnung mit Assistenz, in einer begleiteten Wohnform oder in einer Wohngemeinschaft in einer Institution können diesen Entwicklungsschritt und das Teilen der Verantwortung unterstützen.

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Broschüre «Und wenn ich nicht mehr da bin?»

Zwei Kinder sitzen auf ihren Spielzeug-Traktoren.
Geschwister von Kindern mit geistiger Behinderung erleben die Situation als vertrauten Alltag.

Geschwister sind in erster Linie Geschwister

Schwestern und Brüder von Kindern mit geistiger Behinderung wachsen in die Situation zu Hause hinein und erleben diese als vertrauten Alltag. Die besonderen Bedürfnisse ihres Geschwisters können ihre eigene Entwicklung von Empathie und sozialen Kompetenzen begünstigen. Auch bezüglich dem Verantwortungsbewusstsein zeigen viele bereits in jungem Alter hohe Kompetenzen und helfen manchmal bei der Betreuung mit.

Gleichzeitig ist es wichtig, dass sie nicht dauerhaft Aufgaben erwachsener Bezugspersonen übernehmen, die nicht zu ihrer kindlichen Rolle passen. Es kann den Geschwistern guttun, während ausgewählten Zeitfenstern die Eltern auch einmal für sich alleine geniessen zu dürfen. Unterstützen können auch spezifische Freizeitangebote für Geschwister von Kindern mit Behinderung, Angebote zum Austausch untereinander sowie vertrauensvolle Sozialkontakte ausserhalb der Kernfamilie sein.
Im Erwachsenenalter können auch Geschwister eine Beistandschaft für den Bruder oder die Schwester mit kognitiver Beeinträchtigung übernehmen. Mehr

Broschüre «Meine spezielle Schwester, mein besonderer Bruder»

Verein «Raum für Geschwister»
Film Geschwister

Soziale Kontakte sind wichtig

Insbesondere für Personen mit geistiger Behinderung und eingeschränkten Möglichkeiten, selbst Kontakt aufzunehmen, ist Unterstützung hier wichtig. Denn der Austausch ausserhalb der Kernfamilie und über verschiedene Generationen und Rollen hinweg kann bereichernd und unterstützend sein. Kontakte zu Grosseltern, Tante, Pate und weiteren Bezugspersonen sind für Kinder bedeutsam und können die Entwicklung fördern.

Austausch und Unterstützung zwischen Familien

Viele Familien unterstützen sich im Alltag gegenseitig, zum Beispiel mit abwechselnder Kinderbetreuung, gemeinsamem Mittagstisch oder geteilter Hausaufgabenhilfe.

 

Familien mit einem Kind mit geistiger Behinderung bleibt diese nachbarschaftliche Unterstützung oft verwehrt. Regelmässige Kontakte bieten dabei Familien ohne Kind mit Behinderung die Chance, Berührungsängste und allfällige Überforderungsgefühle abzubauen und den Umgang mit dem Kind mit kognitiver Beeinträchtigung für sie vertraut werden zu lassen.
Das Familienleben ist vielfältig und bunt, turbulent und bisweilen herausfordernd, gerade mit einem Kind mit geistiger Behinderung. Niemand kann dies so gut nachvollziehen wie eine andere Familie in der ähnlichen Situation.

Elternsofa – Ein Austausch von Eltern zu anderen Eltern kann unterstützend und bereichernd sein.