Die Invalidenversicherung (IV) erwägt, Spitex-Leistungen für die Pflege behinderter Kinder zu Hause nun doch zu bezahlen. Dies hat der Direktor des Bundesamts für Sozialversicherungen (BSV), Yves Rossier, Anfang August via Medien in Aussicht gestellt. In Diskussion ist die Idee, den Assistenzbeitrag für Minderjährige zu öffnen. Das heisst, dass behinderte Kinder den Erwachsenen gleichgestellt würden. Ihre Angehörigen könnten mit einem Assistenzbeitrag – 30 Franken pro Stunde – Drittpersonen für die Betreuung ihrer schwerbehinderten Kinder zu Hause entschädigen.
Mit dieser Ankündigung reagiert das BSV auf die Situation von Eltern, die seit Anfang 2011 Leistungskürzungen bei der Grundpflege ihrer schwerbehinderten Kinder zu Hause hinnehmen müssen. Grund für Leistungskürzungen ist ein Bundesgerichtsentscheid aus dem Jahr 2010, den die IV jetzt umsetzt. Der Bundesgerichtsentscheid hält fest, dass die IV nur für Behandlungen aufkommen muss, die von qualifizierten Fachkräften erbracht werden. In der Folge verwies die IV Eltern, die bei der Grundpflege schwerbehinderter Kinder auf Hilfe und Entlastung angewiesen sind, auf die Hilflosenentschädigung (HL) und den Intensivpflegezuschlag (IPZ).
Der Bundesgerichtsentscheid legte offen, dass die finanzielle Abdeckung der Pflege von Kindern, die mit einer schweren Behinderung zur Welt kommen, ungenügend ist. HL und IPZ reichen für eine notwendige Unterstützung nicht aus. Die Eltern müssen die Mehrkosten aus eigener Tasche bezahlen – sofern sie dazu in der Lage sind. Oder sie müssen, weil die finanzielle und persönliche Belastung zu gross wird, ihr Kind in ein spezialisiertes Heim geben. Behindertenorganisationen, darunter insieme, Procap und die Vereinigung Cerebral Schweiz, hatten sich gegen die Praxis der IV gewehrt und die kantonalen IV-Stellen aufgerufen, bei der Umsetzung des Bundesgerichtsentscheides den vorhanden Spielraum zu Gunsten der betroffenen Eltern und ihrer Kinder zu nutzen. Bis Ende Jahr will das BSV Kriterien für die Gewährung eines Assistenzbeitrages erarbeiten.
Quelle: sda, 07.08.2011