Umfassende Beistandschaft soll abgeschafft werden

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Im Auftrag des Eidgenössischen Büros für die Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen EBGB untersucht eine Studie der Hochschule Luzern HSLU die verschiedenen Massnahmen des Erwachsenenschutzrechts. Die Autoren kommen zum Schluss, dass aus rechtlicher und praktischer Sicht auf die umfassende Beistandschaft verzichtet werden kann und soll.

Die Anfang April veröffentlichte Studie der HSLU zeigt auf, dass die umfassende Beistandschaft für hilfsbedürftige Personen nicht mehr zeitgemäss ist. Sie entzieht den Betroffenen die Handlungsfähigkeit vollständig und sollte schon heute nur als letztes Mittel eingesetzt werden. Das Schutzbedürfnis der verbeiständeten Person kann auch mit einer massgeschneiderten Massnahme ohne Entzug der Handlungsfähigkeit von Gesetzes wegen sichergestellt werden. Bei Bedarf kann die Handlungsfähigkeit in den notwendigen Rechtsbereichen zusätzlich eingeschränkt werden.

Die umfassende Beistandschaft für hilfsbedürftige Personen ist nicht mehr zeitgemäss. © insieme Schweiz / Patrick Gilléron Lopreno

Grosse regionale Unterschiede

Im Rahmen der Studie wurde eine Literaturrecherche der aktuellen juristischen Literatur gemacht und eine sozialwissenschaftliche Befragung durchgeführt. Dabei zeigen sich grosse regionale Unterschiede. So werden in der Romandie und im Tessin noch relativ viele umfassende Beistandschaften angeordnet, während die Zahl in der deutschsprachigen Schweiz kontinuierlich abnimmt. Entsprechend sind die Regionen mit vielen umfassenden Beistandschaften auch noch kritischer gegenüber deren Abschaffung. Die Studie weist deshalb darauf hin, dass die verschiedenen Formen der Beistandschaft noch besser bekannt gemacht werden müssen.

UNO-BRK: Selbstbestimmung für Menschen mit Behinderung

Die Studie betont, dass die umfassende Beistandschaft unverhältnismässig ist und gegen die von der Schweiz ratifizierte UNO-Behindertenrechtskonvention (UNO-BRK) verstösst. Diese will, dass Menschen mit einer Behinderung selbst über ihr Leben bestimmen können. Diesem Grundsatz widerspricht die umfassende Beistandschaft, die den betroffenen Personen pauschal die Handlungsfähigkeit abspricht.

Andere Länder wie Österreich und Deutschland haben gezeigt, dass eine Abschaffung der umfassenden Beistandschaft möglich ist. insieme Schweiz begrüsst die Studie sehr und wird sich politisch dafür einsetzen, dass die Änderung des Zivilgesetzbuches (ZGB) in Angriff genommen wird. Gleichzeitig steht insieme Schweiz Angehörigen und Menschen mit Behinderung bei Unklarheiten und Unsicherheiten beratend zur Seite.

Studie

Zusammenfassung der Studie in Leichter Sprache