Der Ständerat nimmt die Motion der Staatspolitischen Kommission (SPK-N) an und fordert wie der Nationalrat eine Anpassung der Verfassung: Der diskriminierende Stimmrechtsausschluss von Menschen mit Behinderungen soll gestrichen werden.
Der Ständerat folgt dem Nationalrat und nimmt die Motion der SPK-N an, welche den Stimmrechtsausschluss von Menschen mit einer Behinderung aufheben will. So haben derzeit Menschen, wenn sie laut Art. 136 der Schweizerischen Bundesverfassung «wegen Geisteskrankheit oder Geistesschwäche entmündigt sind», kein Wahl- und Stimmrecht. Dies betrifft rund 16’000 Menschen, die unter umfassender Beistandschaft stehen oder durch eine vorsorgebeauftragte Person vertreten werden. Viele vom Ausschluss betroffene Personen haben eine geistige Behinderung.

Mit dem positiven Entscheid des Parlaments wird das Schweizer Stimmvolk in den kommenden über eine Verfassungsänderung abstimmen können. © Cyril Zingaro / insieme Schweiz
Die Entscheidung folgt einer kantonalen Entwicklung
National- und Ständerat folgen damit einer zentralen Forderung von insieme Schweiz und initiieren eine längst fällige Veränderung auf nationaler Ebene. Dabei wird eine Entwicklung aufgenommen, die in Genf und Appenzell-Innerrhoden bereits Realität ist und in vielen weiteren Kantonen diskutiert wird. Der Ausschluss, so wie er heute in der Verfassung verankert ist, ist diskriminierend und widerspricht der UN-Behindertenrechtskonvention. Er schliesst per se alle Personen aus, die aufgrund eines Unterstützungsbedarfs auf eine umfassende Beistandschaft angewiesen sind. Dabei hat ein solcher nichts mit der politischen Willensbildung zu tun und macht so die betroffenen Personen zu Bürger*innen zweiter Klasse.
Politische Rechte sind Grundrechte
Mit dem positiven Entscheid des Parlaments wird das Schweizer Stimmvolk in den kommenden über eine Verfassungsänderung abstimmen können. Stimmt es einer Anpassung von Art. 136 der Schweizerischen Bundesverfassung zu, können in naher Zukunft alle Menschen selber entscheiden, ob sie ihre politischen Rechte wahrnehmen möchten, oder nicht. Wichtig wird auch sein, dass zugängliche Informationen zur Verfügung stehen, damit sich betroffene Personen informieren können. Über eine ähnliche Änderung der Kantonsverfassung konnten die Stimmberechtigten in Genf im Jahr 2020 abstimmen. Und nahmen die Vorlage damals mit 75 Prozent an.
Am 1. Mai war insieme in der SRF-Sendung “Forum” zum Thema “Geistige Beeinträchtigung – und trotzdem wählen und abstimmen?” zu Gast.