Selbstbestimmtes Wohnen nimmt zu

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©Vera Markus

Ein neuer Forschungsbericht des Bundesamts für Sozialversicherung (BSV) über die Wohnangebote für Menschen mit Behinderung zeigt einen erfreulichen Trend: In den letzten Jahren haben die Angebote für das selbstbestimmte Wohnen ausserhalb der Institutionen zugenommen.

Leben Menschen mit einer Behinderung in ihren eigenen Wohnungen oder vorwiegend in Institutionen? In welchen Strukturen erhalten sie die benötigte Unterstützung und Begleitung? Und welchen Herausforderungen sehen sich Menschen mit einer Behinderung gegenüber, wenn es darum geht, selber zu bestimmen, wie und wo sie wohnen möchten? Diese und weitere Fragen hat die Studie des BSV, «Bestandesaufnahme des Wohnangebots für Menschen mit Behinderungen» untersucht.

Die Studie wurde von der Berner Fachhochschule (BFH) in Zusammenarbeit mit dem Büro Interface ausgearbeitet. Die Autorinnen und Autoren der Studie werteten Datenquellen der IV aus, führten Expertengespräche und eine Kantonsbefragung durch. Kurz kann gesagt werden: Die UN-BRK als Treiber bewegt die Angebote, aber langsam.

Wohnen in Institutionen oder in der eigenen Wohnung

Die Studie sieht insbesondere im Bereich der Dienstleistungen, welche nicht von einer Institution erbracht werden, Klärungsbedarf. Sie empfiehlt dem BSV, in Zusammenarbeit mit den Kantonen die Zuständigkeiten in diesem Bereich transparenter zu gestalten.

Heute können sich Menschen mit einer Behinderung entweder für das Leben in einer Institution entscheiden, wo die Finanzierung klar geregelt ist und sie alle benötigten Dienstleistungen einkaufen können. Oder sie versuchen, in der eigenen Wohnung zu leben. Das bedeutet aber, dass sie eine bezahlbare Wohnung finden, die benötigte Unterstützung organisieren und diese auch noch finanzieren müssen. Dazu kommt, dass es kaum unabhängige Beratung gibt, eine höhere Gefahr der Isolation besteht und insbesondere aus dem Sicht des Umfelds Sicherheitsbedenken bestehen. Und leben Menschen mit einer Behinderung während längerer Zeit in einer Institution, gewöhnen sie sich an die ständig vorhandene Unterstützung, was zu einer «erlernten Hilflosigkeit» führt.

Empfehlungen

Die Studie empfiehlt den Kantonen, Organisationen und Anbietern, die Angebote weiter zu diversifizieren, so dass für Menschen mit Behinderung mehr flexible Wohnangebote bestehen. Diese sollen insbesondere den Bereich zwischen institutionellem Wohnen mit grosser oder umfassender Unterstützung und dem Wohnen in der eigenen Wohnung überbrücken.

Für diese Wohnsituationen muss gemeinsam von Bund und Kantonen ein Finanzierungsmodell ausgearbeitet werden. Bereits heute bestehen spannende Pilotprojekte und Finanzierungsmodelle in den Kantonen, deren Erkenntnisse für zukünftigen Arbeiten unbedingt genutzt werden sollten.

insieme Schweiz setzt sich dafür ein, dass Menschen mit einer geistigen Behinderung mehr Wahlmöglichkeiten und echte Chancen haben, mit der benötigten Unterstützung in der eigenen Wohnung zu leben. Dies ganz im Sinn der Umsetzung der Behindertenrechtskonvention sowie des Mehrjahresprogramms «Selbstbestimmtes Leben» im Rahmen der Nationalen Behindertenpolitik.